Corona und Strafrecht – Körperverletzung durch Ansteckung anderer und Verstöße nach dem Infektionsschutzgesetz

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Stellen Sie sich vor bei Ihnen wird COVID-19 (auch Corona genannt) diagnostiziert. Sie fragen sich: Droht mir ein Strafverfahren wegen Körperverletzung oder anderer Delikte, wenn ich andere Menschen mit dem Corona-Virus anstecke? Auch, wenn ich gar nicht wusste, dass ich Corona habe? Mache ich mich (wegen Verstoßes gegen das Infektionsschutzgesetz) strafbar, wenn ich einem Platzverweis nicht folge? Diese und andere Fragen beantwortet dieser Beitrag im Überblick. Denn, wer an COVID-19 erkrankt ist, riskiert nicht nur schnell ein Bußgeld, sondern kann auch mit dem Strafrecht in Konflikt geraten.


Ansteckung anderer mit dem Corona-Virus: Körperverletzung gemäß §§ 223, 224 StGB

Wenn Sie an COVID-19 erkrankt sind und andere Personen damit anstecken, kann gegen Sie in erster Linie wegen folgender Delikte strafrechtlich ermittelt werden:

  • Gefährliche Körperverletzung, §§ 223, 224 StGB
    Strafrahmen: sechs Monate bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe
  • Fahrlässige Körperverletzung, § 229 StGB
    Strafrahmen: Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren


(Gefährliche) vorsätzliche Körperverletzung, §§ 223, 224 StGB

Für eine Körperverletzung (§ 223 StGB) setzt das Gesetz eine sogenannte „körperliche Misshandlung“ oder „Gesundheitsschädigung“ voraus.

Eine körperliche Misshandlung wird angenommen, wenn durch die Ansteckung bei der anderen Person spürbare Krankheitssymptome – wie zum Beispiel Fieber oder Husten – hervorgerufen werden. Mit anderen Worten: Die mit Corona angesteckte Person muss sich krank fühlen.

Aber auch wenn die angesteckte Person keinerlei Corona-Symptome zeigt, liegt in der Ansteckung eine Körperverletzung, nämlich in Form einer Gesundheitsschädigung. Die Infektion mit einem Virus stellt einen pathologischen Zustand her und stellt damit eine Gesundheitsschädigung im Sinne von § 223 StGB dar, selbst wenn das Virus bei dem Betroffenen noch gar nicht ausgebrochen ist.

Da Corona-Viren genau wie andere Krankheitserreger als „andere gesundheitsschädliche Stoffe“ einzustufen sind, wird bei der Ansteckung einer anderen Person mit COVID-19 nicht nur wegen einfacher (§ 223 StGB), sondern sogar wegen gefährlicher Körperverletzung (§ 224 StGB) ermittelt. Im Falle einer Verurteilung droht deshalb eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

Ob wegen (gefährlicher) Körperverletzung ermittelt wird, hängt auch davon ab, ob man von seiner eigenen Erkrankung wusste. Denn eine (gefährliche) Körperverletzung kann nur dann vorgeworfen werden, wenn man eine andere Person vorsätzlich angesteckt hat. Dies ist zunächst einmal anzunehmen, wenn man die Ansteckung des anderen beabsichtigt hat, also wenn es gerade Ziel war die Ansteckung herbeizuführen. Ebenso handelt vorsätzlich, wer aufgrund des eigenen Verhaltens sicher wusste, dass es zu einer Ansteckung kommt. Es genügt sogar, wenn man die Ansteckung einer anderen Person nur für möglich hält und billigend in Kauf nimmt. Mit anderen Worten: Man kann sich wegen vorsätzlicher gefährlicher Körperverletzung strafbar machen, wenn man von seiner eigenen Erkrankung und damit der Möglichkeit der Ansteckung anderer Personen weiß, sich aber denkt: „Na wenn schon, mir doch egal ob ich jemand anderen infiziere, die Krankheit ist doch ohnehin nicht schlimm!“.


Fahrlässige Körperverletzung, § 229 StGB

Nun wird aber nicht jedermann wissen, dass er an Covid-19 erkrankt ist. Aufgrund der erkältungs- bzw. grippeähnlichen Symptomatik wird nicht jeder einen Arzt aufsuchen und schon gar nicht jeder, der zum Arzt geht, wird auf das Corona-Virus getestet. Daraus folgt aber nicht, dass man deshalb nicht Gefahr läuft strafrechtlich verfolgt zu werden. Denn neben der vorsätzlichen (gefährlichen) Körperverletzung stellt das Gesetz auch die fahrlässige Körperverletzung (§ 229 StGB) unter Strafe.

Genau wie die vorsätzliche Körperverletzung setzt die fahrlässige Körperverletzung voraus, dass bei einer anderen Person eine körperliche Misshandlung oder Gesundheitsschädigung herbeigeführt worden ist. Anders als bei der vorsätzlichen Körperverletzung genügt es aber, wenn die Folge (sprich die Ansteckung mit dem Corona-Virus) „fahrlässig“ herbeigeführt wurde.

Fahrlässiges Verhalten wird angenommen, wenn jemand Verhaltensregeln außer Acht gelassen hat, die ein durchschnittlicher Bürger in derselben Situation beachtet hätte. Wenn man beispielsweise körperlichen Kontakt zu anderen Personen gesucht hat, obwohl man davon ausging oder auch nur ausgehen musste an Corona (COVID-19) erkrankt zu sein.

Kommt es durch dieses Verhalten zur Ansteckung anderer Personen, droht ein Strafverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung. Es genügt, wenn man die Möglichkeit der Ansteckung erkannt hat oder erkennen musste, selbst wenn man darauf vertraut hatdass sich niemand anstecken wird. Mit anderen Worten: Man kann sich schon strafbar machen, wenn man von seiner Infektion weiß oder hätte wissen müssen und sich beim abendlichen Spaziergang an der Spree denkt: „Es wird schon gutgehen, ich werde schon niemanden infizieren.“

Im Falle einer Verurteilung wegen fahrlässiger Körperverletzung droht eine Geldstrafe oder sogar eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren.


Bei tödlichem Krankheitsverlauf von COVID-19 drohen lange Freiheitsstrafen

Hat jemand eine andere Person mit dem Corona-Virus angesteckt und führt die Erkrankung zum Tod dieser Person, kommt sogar eine Bestrafung wegen folgender Delikte in Betracht:

  • Fahrlässige Tötung (§ 222 StGB)
    Strafrahmen: Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren
  • Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227 StGB)
    Strafrahmen: Freiheitsstrafe von drei bis zu fünfzehn Jahren
  • Totschlag (§ 212 StGB)
    Strafrahmen: Freiheitsstrafe von fünf bis zu fünfzehn Jahren
  • Mord (§ 211 StGB)
    Strafrahmen: lebenslange Freiheitsstrafe

Weiß beispielsweise jemand von seiner Erkrankung mit dem Corona-Virus und macht sich dennoch einen „Spaß“ ältere Menschen anzuhusten, welche sich sodann mit dem Virus infizieren und hierdurch zu Tode kommen, kommt je nach Einzelfall eine Strafbarkeit wegen Totschlags oder Mordes in Betracht. Auch wenn solche Fälle im Zusammenhang mit Corona eher die Ausnahme darstellen dürften, sind sie nicht gänzlich undenkbar.

Zuzugeben ist, dass im Einzelfall schwierig festzustellen sein wird, von wem die Infektion mit dem Corona-Virus übertragen worden ist. Wer also strafrechtlich für die Übertragung des Virus verantwortlich gemacht werden kann. Allerdings ist dies Aufgabe des Gerichts und hindert die Staatsanwaltschaft nicht zunächst ein Ermittlungsverfahren einzuleiten. Ein Ermittlungsverfahren wird nämlich schon dann eingeleitet, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, wer der Verursacher gewesen sein soll.


Strafbarkeit nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG)

Aber selbst wenn eine Körperverletzung nicht nachweisbar sein sollte, kann ein Strafverfahren wegen Verstoßes gegen Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) eingeleitet werden.

Die Landesregierungen sind gesetzlich dazu ermächtigt, Rechtsverordnungen zu erlassen, um durch entsprechende Ge- und Verbote gegen die Verbreitung übertragbarer Krankheiten vorzugehen. Solche Verordnungen wurden im Zusammenhang mit der Corona-Krise erlassen. In Berlin etwa wurde am 14. März 2020 eine Verordnung erlassen, die weitgehende Kontaktbeschränkungen vorgibt. Am 22. März 2020 wurden sogar noch weitergehende Regelungen erlassen, nämlich die sogenannte “Verordnung über erforderliche Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 in Berlin“ (im Folgenden: Corona-Verordnung).

Verstößt man gegen Anordnungen der Behörden, die auf Grundlage dieser Corona-Verordnung ergehen, kann man sich strafbar machen. Die §§ 74, 75 IfSG enthalten entsprechende Straftatbestände.


Zuwiderhandlung gegen behördliche Anordnung

So macht man sich etwa strafbar und muss im Falle einer Verurteilung mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit einer Geldstrafe rechnen, wenn man einer behördlichen Anordnung zuwiderhandelt. Zum Beispiel, wenn man sich einem rechtmäßig erteilten Platzverweis widersetzt. Mit anderen Worten: Liegen Sie am Wochenende unbeschwert mit vier Freunden im Park und kommen der Anordnung eines Polizisten die Wiese getrennt zu verlassen nicht nach, haben Sie sich möglicherweise strafbar gemacht.

Eine Strafbarkeit liegt aber dann nicht vor, wenn die Anordnung des Platzverweises rechtswidrig gewesen ist. Dies kann nur ein spezialisierter Anwalt/Anwältin rechtssicher für Sie überprüfen.

Sollten Sie Adressat einer behördlichen Corona-Maßnahme werden, so ist Ihnen daher dringend zu raten, der Anordnung Folge zu leisten. Ansonsten endet der Wochenendausflug mit Familie oder Freunden bei frühlingshaftem Wetter schnell mit einer Strafanzeige.


Auch nachfolgende Verstöße gegen das Infektionsschutzgesetz werden geahndet und können zu einem Strafverfahren führen:

  • vorsätzliche oder fahrlässige Missachtung der angeordneten Quarantäne (§ 75 Absatz 1 Nr. 1, Absatz 4 IfSG)
  • Widersetzen gegen erteilte Ausgangssperre (§ 75 Absatz 1 Nr. 1 IfSG)
  • unerlaubter Besuch von Krankenhäusern (§ 75 Absatz 1 Nr.1 IfSG)
  • unerlaubte Ausübung des Berufes (§ 75 Absatz 1 Nr. 1 IfSG)
  • unerlaubte Aufbewahrung oder arbeiten mit dem Corona-Virus (§ 75 Absatz 1 Nr. 3 IfSG)
  • Verbreitung des Corona-Virus (§§ 74, 75 Absatz 3 IfSG).


Was Sie in Zeiten von Corona tun (oder besser lassen) sollten

Sofern möglich, sollten Sie zu Hause bleiben. Falls Sie doch das Haus verlassen müssen:

  • Mundschutz tragen
  • Abstand halten
  • Kein Händeschütteln
  • Vermeiden Sie es in der Nähe anderer zu Niesen oder zu Husten
  • Befolgen Sie behördlich angeordnete Maßnahmen wie zum Beispiel Platzverweise


Dieser Text erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Aktualität, sondern dient lediglich der ersten Orientierung.

Als Fachanwältin für Strafrecht berate ich Sie aber gerne ausführlich und individuell in einem persönlichen Gespräch. Auch verteidige ich Sie gegen strafrechtliche Vorwürfe.

Rufen Sie an: (030) 76 73 73 970

oder schreiben eine E-Mail: mail@sk-strafrecht.de



Dieser Beitrag ist in Zusammenarbeit mit Diplom Jurist Nicolai Seres und Frau Gülben Colakoglu entstanden.



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