Verjährung von Sexualdelikten

Sanduhr Verjährung Sexualstrafrecht


Was bedeutet strafrechtliche Verjährung? 

Verjährung bedeutet, dass eine Straftat nicht mehr verfolgt werden kann, der Täter also nicht mehr bestraft werden kann. 

Bis auf Mord und Völkermord, die niemals verjähren, gibt es für alle sonstigen Straftaten bestimmte Verjährungsfristen. Die Verjährungsfrist legt fest wie lange eine Straftat nach ihrer Begehung noch verfolgt werden kann und richtet sich nach der jeweils angedrohten Strafe. Hierbei gilt der  Grundsatz: Je schwerer die Tat, desto länger die Frist bis zur Verjährung. Von mindestens 3 bis zu 30 Jahren kann es schließlich dauern, bis die Verjährung eintritt und eine gerichtliche Verurteilung ausgeschlossen ist. 


Gelten Verjährungsfristen auch für Sexualstraftaten?

Ja, auch die sogenannten „Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung“ (§§ 174 – 184j StGB) oder auch Sexualdelikte genannt, unterliegen der Verjährung. Da die jeweiligen Sexualstraftaten aber unterschiedlich hohe Strafandrohungen haben, sind auch die Verjährungsfristen unterschiedlich lang und müssen für jedes Sexualdelikt separat bestimmt werden. 

Die Höhe einer möglichen Strafe macht der Gesetzgeber im Sexualstrafrecht von bestimmten Kriterien abhängig. Hierzu gehört etwa die Art der konkreten Begehung, die Schutzbedürftigkeit des Opfers oder das Verhältnis zwischen Opfer und Täter. 

sexueller Übergriff, sexuelle Nötigung § 177 Absatz 1 Strafgesetzbuch (StGB)

§ 177 Abs. 1 StGB regelt, dass jemand, der eine sexuelle Handlung gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person vornimmt, mit einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 5 Jahren, bestraft wird. Hier liegt die Verjährungsfrist nach § 78 Abs. 3 Nr. 3 StGB grundsätzlich bei 10 Jahren. 


Vergewaltigung, § 177 Absatz 6, Satz 1 Nr. 1 Strafgesetzbuch (StGB)

Nach § 177 Absatz 6, Satz 1 Nr. 1 StGB wird der Täter mit einer Freiheitsstrafe von nicht unter 2 Jahren und bis zu 15 Jahren bestraft, wenn er mit dem Opfer Geschlechtsverkehr gegen dessen erkennbaren Willen hat (Vergewaltigung). Die Verjährung tritt daher grundsätzlich erst 20 Jahre nach der Tat ein (§ 78 Abs. 3 Nr. 2 StGB).


sexueller Missbrauch von Kindern, § 176 Absatz 4 Nr. 1 Strafgesetzbuch (StGB)

§ 176 Abs. 4 Nr. 1 StGB bestraft denjenigen, der sexuelle Handlung vor einem Kind (jünger als 14 Jahre) vornimmt, mit einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten bis zu 5 Jahren. Derartige Taten verjähren daher grundsätzlich nach 5 Jahren (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB)



Faktisch längere Frist bis zur Verjähung – Ruhen der Verjährung

Aber Achtung: In vielen Fällen des Sexualstrafrechts gilt insgesamt eine wesentlich längere Verjährungszeit. Bei Sexualdelikten herrscht nämlich eine Besonderheit: Die Verjährung ruht solange bis das Opfer das 30. Lebensjahr vollendet hat (§ 78b Absatz 1 Nr. 1 StGB). „Ruhen der Verjährungsfrist“ bedeutet, dass die Frist erst später – mit dem Erreichen der Altersgrenze – beginnt. 

Je nachdem wie alt das Opfer zum Tatzeitpunkt war, kann es daher sein, dass die Sexualstraftat sogar 35 Jahre später noch nicht verjährt ist. Dies gilt insbesondere seit den letzten Gesetzesänderungen in den Jahren 2013, 2015 und 2016. Das maßgebliche Alter für den Verjährungsbeginn wurde hierbei jeweils erhöht. Bis zur Gesetzesänderung in 2013 galt, dass die Verjährung mit Vollendung des 18. Lebensjahres beginnt. Nach heutiger Gesetzeslage beginnt sie erst mit der Vollendung des 30. Lebensjahres. Bei besonders schweren Sexualdelikten kann das Opfer demnach unter Umständen auch noch im hohen Alter die Tat zur Anzeige bringen, ohne, dass Verjährung eingetreten ist. 

Rückwirkungsverbot – Was bedeutet das?

Das Rückwirkungsverbot sagt aus, dass zu einem späteren Zeitpunkt erlassene Gesetze nicht auf einen früher stattgefundenen Sachverhalt angewendet werden dürfen. Ist die Tat demnach schon vor der jeweiligen Gesetzesänderung (nach den bis dahin geltenden Regeln) verjährt, so darf die Tat nicht aufgrund der nunmehr bestehenden Aufstockung des für den Verjährungsbeginn maßgebenden Opferalters weiterhin verfolgt werden. Ist die tat also einmal verjährt, ändert auch eine Gesetzesänderungen nichts mehr an der Verjährung.

Dieser Text erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern dient lediglich der ersten Orientierung. Gerne berate ich Sie aber ausführlich in einem persönlichen Gespräch.

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