Der Gang des Strafverfahrens

Polizeiauto Strafverfahren


Von ersten polizeilichen Ermittlungen bis hin zum Urteil – so läuft ein Strafverfahren ab

Wenn man in den Nachrichten von einem Strafverfahren (auch Strafprozess genannt) hört, steht zumeist die gerichtliche Hauptverhandlung im Vordergrund. In Wahrheit stellt die Hauptverhandlung aber nur einen kleinen Ausschnitt des gesamten Strafverfahrens dar. Das Strafverfahren setzt sich aus mehreren Abschnitten zusammen, nämlich: Vorverfahren (auch Ermittlungsverfahren genannt), Zwischenverfahren und Hauptverfahren.


Ermittlungsverfahren / Vorverfahren

Der erste Teil eines jeden Strafverfahrens ist das Ermittlungsverfahren. Eröffnet wird das Ermittlungsverfahren, sobald die Polizei von einer Straftat erfährt, sei dies durch eine Anzeige oder auf anderem Weg. Auch der bloße Verdacht einer Straftat reicht aus.

Im Ermittlungsverfahren soll geklärt werden, ob jemand tatsächlich verdächtig ist, eine Straftat begangen zu haben. Die Strafverfolgungsbehörden ermitteln mit Hilfe der Polizei was passiert sein soll und ob dies eine Straftat erfüllt. Dabei haben die Behörden unter anderem folgende Ermittlungsmöglichkeiten:

  • Vernehmung von Zeugen
  • Vernehmung des Beschuldigten
  • Durchsuchungen
  • Spurensicherung am Tatort
  • Einsatz von verdeckten Ermittlern
  • Observationen
  • Überwachung der Telekommunikation
  • Abhören von Gesprächen
  • Beschlagnahme von Gegenständen
  • Öffentlichkeistfahndung
  • körperliche Untersuchungen, Entnahme einer Blutprobe

Je nachdem, ob genug Beweise gegen den Verdächtigen vorliegen oder nicht, entscheidet die Staatsanwaltschaft über den weiteren Verlauf des Ermittlungsverfahrens. Hier gibt es drei Möglichkeiten:

  1. Einstellung des Ermittlungsverfahrens
  2. Beantragung eines Strafbefehls (eines schriftlichen Urteils)
  3. Erhebung der öffentliche Klage, sogenannte Anklageschrift

Beachten Sie: Nur wenn die Staatsanwaltschaft zu dem Ergebnis kommt, dass der Verdächtige die Straftat mit hinreichender Wahrscheinlichkeit begangen hat, darf Sie einen Strafbefehl beantragen oder Anklage erheben. Ein hinreichender Tatverdacht liegt vor, wenn nach dem Ergebnis der Ermittlungen wahrscheinlich ist, dass der Beschuldigte in einem gerichtlichen Verfahren verurteilt wird.


Zwischenverfahren

Im Zwischenverfahren entscheidet das Gericht, ob die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft zur Hauptverhandlung zugelassen wird. Das Gericht überprüft also die Anklage der Staatsanwaltschaft. Nur wenn auch das Gericht zu dem Ergebnis kommt, dass der Angeschuldigte hinreichend verdächtigt ist die Straftat begangen zu haben, erlässt es einen sogenannten Eröffnungsbeschluss. Durch den Eröffnungsbeschluss wird die Anklage der Staatsanwaltschaft zur Hauptverhandlung zugelassen wird.

Gelangt das Gericht aber zu der Auffassung, dass kein hinreichender Tatverdacht besteht, lehnt es die Eröffnung des Hauptverfahrens ab. Das Strafverfahren ist dann beendet.


Hauptverfahren

Das Hauptverfahren ist das Kernstück des Strafverfahrens. Es gliedert sich in die Vorbereitung der Hauptverhandlung und in die Hauptverhandlung selbst.


Vorbereitung der Hauptverhandlung

Die Vorbereitung der Hauptverhandlung umfasst auf Seiten des Gerichts

  • Durchsicht der Akten
  • Termine festzusetzen und entsprechende Ladungen zu verschicken.
  • gegebenenfalls weitere Beweise zu erheben

Wie umfangreich ein Hauptverfahren letztendlich wird und wie lange es dauert, hängt von der Komplexität des Einzelfalls ab. Dabei obliegt die Verhandlungsleitung allein dem (vorsitzenden) Richter. Hauptverhandlungen dauern teilweise weniger als eine Stunde, aber auch bis zu Wochen und Jahren an.


Gerichtsverhandlung

Die Gerichtsverhandlung selbst beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende des Gerichts stellt fest, ob der Angeklagte und sein Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft worden sind.

Daraufhin wird der Angeklagte zu seiner Person vernommen. Das Gericht stellt so sicher, dass auch wirklich der Angeklagte bei der Hauptverhandlung erschienen ist. Ein Vergleich mit einem Personalausweis oder anderem amtlichen Ausweis findet aber nicht statt.

Nach der Feststellung der Personalien des Angeklagten verliest ein Vertreter der Staatsanwaltschaft den Anklagesatz. Jetzt hat der Angeklagte die Möglichkeit sich zu den Vorwürfen zu äußern. Er hat aber auch das Recht zu Schweigen und ist über dieses Schweigerecht vom Gericht zu belehren.

Schweigen darf nicht zu Ihren Lasten gewertet werden!

Anschließend führt das Gericht die Beweisaufnahme durch. Das Gericht muss sich durch die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen, durch Verwertung von Urkunden und sonstigen Beweismitteln ein Bild von dem Anklagevorwurf machen. In der Beweisaufnahme haben die am Prozess Beteiligten die Gelegenheit, zu den einzelnen Beweismitteln Stellung zu nehmen, Fragen und Anträge zu stellen.


Ende der Gerichtsverhandlung

Nach Abschluss der Beweisaufnahme erhält zunächst der Vertreter der Staatsanwaltschaft und dann der Angeklagte beziehungsweise sein Verteidiger das Wort. Den Prozessbeteiligten wird somit ermöglicht vor der Entscheidung des Gerichts abschließend und umfassend Stellung zu nehmen (genannt Plädoyer oder Schlussvortrag). Am Ende einer jeden Hauptverhandlung gebührt (nochmals) dem Angeklagten das letzte Wort.

Jetzt zieht sich das Gericht zur Beratung und Abstimmung zurück. Das Gericht würdigt die Beweise nach seiner freien Überzeugung. Wenn es von der Schuld des Angeklagten überzeugt ist, wird der Angeklagte verurteilt. Wenn für das Gericht jedoch gewisse Zweifel an der Schuld bestehen bleiben, so darf es den Angeklagten nicht zu einer Strafe verurteilen. Das Gericht muss den Angeklagten freisprechen.

Im Strafprozess gilt der Grundsatz:
„In dubio pro reo“
Im Zweifel für den Angeklagten

Die Hauptverhandlung schließt mit der Verkündung des Urteils ab. Dabei beginnt die Urteilsverkündung mit den Worten „Im Namen des Volkes“ und wird durch Verlesung der Urteilsformel und der Urteilsgründe beendet. Wird der Beschuldigte verurteilt, muss das Gericht diesen noch über seine Recht zur Einlegung von Rechtsmitteln belehren.



Dieser Text erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Aktualität, sondern dient lediglich der ersten Orientierung.

Als Fachanwältin für Strafrecht berate ich Sie aber gerne ausführlich und individuell in einem persönlichen Gespräch. Auch verteidige ich Sie gegen strafrechtliche Vorwürfe.

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